20.05.2021

Beefgeflüster mit Hansueli Hasler, Madiswil

«Mutterkühe verhalten sich anders als Milchkühe – auch wenn sie zutraulich sind»

Herr Hasler, Sie hatten letztes Jahr ein Erlebnis mit Spaziergängern. Was ist genau passiert?

Hansueli Hasler (HH): Es war an einem Sonntag. Ich habe von unserem leicht erhöht liegenden Hof aus gesehen, wie unsere Kuhherde in der Ebene unten in die eine Ecke der Weide rennt. Schnell habe ich den Feldstecher geholt und mit Schrecken gesehen, dass da jemand in der Weide steht. Ich bin ins Auto gesprungen und so schnell ich konnte zur Weide gefahren. Ein etwa zehnjähriger Junge stand in der Weide, die Kühe um ihn herum. Seine Mutter mit einem Hund stand auf dem Wanderweg ausserhalb des Zauns.

Wovor hatten Sie Angst, als Sie das gesehen haben?

HH: Meine Mutterkühe sind zutraulich und den Umgang mit Menschen gewohnt, ich kann jede von ihnen ans Halfter nehmen. Trotzdem kann ich nicht voraussehen, wie sie auf einen Eindringling reagieren. Meine Frau und ich wurden auch schon angegriffen von einer unserer Kühe, die ihr Kalb verteidigen wollte. Wir wissen, dass damit nicht zu spassen ist. 

Im Siedlungsgebiet sind Begegnungen zwischen Kühen und Naherholungssuchenden vorprogrammiert. Aufklärungsarbeit soll dazu beitragen, dass sie friedlich verlaufen und für alle Seiten eine Freude sind. (Foto: Hansueli Hasler)

Was haben Sie gemacht?

HH: Ich habe den Jungen gefragt, was er denn hier mache. Die Mutter antwortete mir, dass er zu den Kühen wollte, so wie er das auch bei ihrem Nachbarn, einem Milchbauern, macht. Ich habe erklärt, dass Mutterkühe anders reagieren als Milchkühe, weil sie ihre Kälber schützen. Die Frau war unbelehrbar, sie wollte mir einfach nicht glauben, dass Kühe gefährlich sein können. Ich habe den Jungen aufgefordert, von der Weide zu kommen. Ich konnte diese Situation nicht verantworten.

Ist so etwas schon mehr vorgekommen oder war es das erste Mal?

HH: Es spazieren hier viele Leute. Zwar führen die Wege nicht durch die Weide, aber halt daran entlang. Einmal habe ich – wieder von unserem Hof aus – eine Gruppe Leute auf dem Wanderweg beobachtet und einen Hund, der immer auf die Weide und in meine Mutterkuhherde hineinlief. Als ich mit dem Auto bei den Leuten ankam, habe ich erkannt, dass ein Mann vom Wanderweg aus einen Ball zu den Kühen wirft und der Hund ihm diesen jeweils zurückbringt. Deshalb war der Hund da immer wieder hineingelaufen. Als ich dem Mann erklärte, dass dieses Spiel auf einer Weide mit Kühen, Kälbern und Stier gefährlich sein kann, meinte er: «Ja, ich habe noch gedacht, dass das vielleicht nicht so schlau ist.»

Was haben Sie seit den Vorkommnissen unternommen?

HH: Ich habe überall die grünen Warntafeln aufgestellt und gleichzeitig auch noch Schilder gegen Hundekot, denn leider fehlt auch hier das Verständnis, dass Hundekot im Futter der Tiere Schaden anrichten kann. Zudem habe ich den Zaun zum Wanderweg hin verstärkt. Ein Festzaun wäre die nächste Stufe, aber leider darf ich keinen solchen aufstellen, denn es ist gepachtetes Ackerland. Ich hoffe, dass das zusätzliche Weidezaunband Kinder und Hunde davon abhält, darunter durchzukriechen. 

Hansueli Hasler hofft, dass er problematische Zwischenfälle zwischen seiner Kuhherde und Spaziergängern mit Warntafeln und einem zusätzlichen Zaunband verhindern kann. (Foto: Hansueli Hasler)

Was braucht es Ihrer Meinung nach, um Unfälle zwischen Mutterkühen und Spaziergängern zu verhindern?

HH: Aufklärungsarbeit mit Schildern, Zeitungsartikeln und vor allem Gesprächen. Wir müssen bei den Leuten das Bewusstsein für Gefahren stärken. Sie müssen verstehen, dass sie ihren Hund an die Leine nehmen sollen und nicht in die Weide lassen dürfen. Und sie müssen lernen, dass sich Mutterkühe anders verhalten als Milchkühe und dass in diesen Herden zudem Stier und Kälber für eine andere Dynamik sorgen. 


Hansueli Hasler hält auf seinem Betrieb in Madiswil 25 Mutterkühe und zeitweise einen Stier. Seine Herde setzt sich aus verschiedenen Rassen, vor allem Kreuzungen von Limousin mit Simmental oder Swiss Fleckvieh zusammen. Pro Jahr werden ungefähr sechs Natura-Beef direkt an Stammkunden vermarktet.  

Der Betrieb umfasst 20 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche. Davon sind rund acht Hektaren Ackerland, auf dem Weizen, Gerste, Mais, Dinkel und Raps angebaut werden. Die restlichen Flächen sind Weiden, Wiesen und ökologische Ausgleichsflächen. 

Hansueli Hasler bewirtschaftet den Betrieb alleine. Ab und zu stellt er eine Aushilfe an. Seine Frau ist bei der Spitex für die Buchhaltung zuständig und nicht auf dem Landwirtschaftsbetrieb tätig. 

(Foto: Hansueli Hasler)