15.03.2024

Beefgeflüster mit Edith Alarcón, Initiatorin der Erlebniswege

«Mein Ziel war es, mit den Spielen eine Brücke zwischen der Landwirtschaft und den Konsumenten zu schaffen.»

Edith, du bist die Initiantin und Gründerin des Erlebnisweges «Lea und Ben bei den Mutterkühen». Wie bist du ursprünglich auf diese Idee gekommen?

Vor einigen Jahren hat mich meine Arbeitskollegin auf den «Buurelandweg» im Kanton Aargau aufmerksam gemacht. Wir fanden das beide eine tolle Möglichkeit, wie man spielerisch und direkt vor Ort mit den Tieren in der Natur etwas über die Landwirtschaft lernen kann. Damals hatten wir jedoch keine verfügbaren Ressourcen. Als Corona kam, änderte sich alles. Ohne Events und direkten Kundenkontakt waren neue Marketing-Konzepte gefragt. 

Woher nimmst du die Ideen für die Spielstationen?

An Messeauftritten führen wir viele interessante Gespräche über das Tierwohl und die Nachhaltigkeit in der Mutterkuhhaltung. Mein Ziel war es, mit den Spielen eine Brücke zwischen der Landwirtschaft und den Konsumenten zu schaffen. Da ich persönlich am besten durch Selbermachen lerne und ich aus einer «Brettspiel-Familie» stamme, war mir sofort klar, dass man an den Posten spielerisch durch «umefingerle» etwas Sinnvolles lernen soll. Zusätzlich hat es Elemente für den «Fun-Faktor». 

Wer trifft den Abfalleimer? Ziel von Edith Alarcón war es, dass man möglichst an jedem Posten etwas aktiv tun kann. (Foto: zVg)

Welches sind die beliebtesten Posten?

Bei den Kindern waren der Poloposten mit dem Thema «Was fressen Mutterkühe und Kälber» und die «Steckenkälber» mit dem Thema «Rassenvielfalt» am beliebtesten. Im zweiten Jahr kam der Kuhglockenposten dazu. Zusammen mit den Kinderliedern auf unserer Homepage bzw. im Kinderbüchlein «Lea & Ben – Ausflug auf die Alp» ist dieser Posten sehr gut geworden und zieht Gross und Klein magisch an.

Sind noch weitere Posten geplant?

Konkret werden wir auf dieses Jahr neu einen Posten zur Frage «Wo sind Kuh und Kalb?» bringen. Ich wurde gerade in Meierskappel mehrfach darauf angesprochen, dass man auf dem Erlebnisweg nicht immer Kühe und Kälber auf der Weide antrifft. Mit dem neuen Posten wollen wir aufzeigen, dass Kühe und Kälber je nach Wetter auch mal im Laufhof bleiben oder an heissen Sommertagen nachts auf die Weide gelassen werden. 

Hast du dir alle Spielstationen selbst ausgedacht?

Bei Mutterkuh Schweiz habe ich das Glück, dass ich auf die Talente und Erfahrungen von verschiedenen Mitarbeitenden zurückgreifen darf. So hat mich beispielsweise meine Arbeitskollegin Sophie Obrist mit ihren Ideen des Öfteren inspiriert. Sie hat sich auch zu Beginn mein Schnellkonzept in Ruhe angeschaut und gemeint: «Edith, das ist gut so, da musst du nichts mehr dran ändern.» Diese Rückenstärkung hat mir sehr gutgetan.

Edith Alarcón (rechts) darf stets auf Sophie Obrists kreative Ader zurückgreifen. (Foto: Mutterkuh Schweiz)

Für welchen Posten hast du am meisten gegrübelt?

Am schwierigsten war es für mich, eine sinnvolle Botschaft mit dem Fleischstücke-Posten zu übermitteln. Ich ging immer davon aus, dass es am wichtigsten ist, den Schmorbraten etc. den Leuten wieder näher zu bringen. Nach vielen Gesprächen mit Fachpersonen kristallisierte sich heraus, dass auch heutzutage in der Fleischindustrie vom Tier praktisch alles verwertet wird. Grob gesagt, kocht man heute einfach mehr Hackfleisch statt Braten, dabei ist doch so ein Stück Braten so lecker. Das Aha-Erlebnis kam mir dank einer Anekdote von Daniel Flückiger, damals Leiter Kommunikation.

Welche Anekdote?

Als Ueli Maurer Bundesrat und für das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport zuständig war, erhielt die Armee den Auftrag, Milch und Fleisch künftig nur noch mit «Suisse Garantie» zu beschaffen – ohne Importe. Daniel erfuhr von seinen Militärkollegen, dass viele Fouriere zuerst konsterniert gewesen seien und dachten, das Geld reiche nicht mehr für Fleisch. Doch dann haben sie festgestellt, dass sie zum Beispiel andere Fleischstücke einkaufen müssten und dann reichte das Budget doch. Diese Lektion habe ich in unserem Posten zu den Fleischstücken umgesetzt. Hand aufs Herz, wir wollen doch fast alle, dass es den Tieren gut geht. Und trotzdem verlieren wir am meisten potenzielle Kundinnen und Kunden für unser Qualitätsfleisch Natura-Beef und Natura-Veal vor dem Kühlregal. Warum? Weil ihnen der Preis zu hoch ist. Ich hoffe, der eine oder andere nimmt sich diesen Posten zu Herzen und unterstützt mit seinem Einkauf das Tierwohl.

Der Spielposten «Braten kochen, kann das nur Grosi?» inspiriert einen dazu, etwas Neues auszuprobieren und beim Fleischkauf das Tierwohl in den Vordergrund zu stellen. (Foto: Mutterkuh Schweiz)

In diesem Jahr soll der Erlebnisweg in der Deutschschweiz an einem neuen Standort eröffnet werden. Verrätst du uns, wo das sein wird?

Leider kann ich das noch nicht sagen. Dieses Jahr gab es bei der Standortfindung einige Stolpersteine, weshalb wir spät dran sind. Aktuell laufen Baugesuche an zwei Standorten, einmal in Lenzburg (AG) und einmal in Luthern Bad (LU). Im nächsten Newsletter können wir sagen, wo wir 2024 den Erlebnisweg einrichten werden. Der zweite Ort kommt dann ein oder zwei Jahre später zum Zug. 

Nach welchen Kriterien suchst du einen Standort aus?

Es muss viel stimmen, damit der Weg auch wirklich zu einem Erlebnis wird. Am besten hat es mehrere Mutterkuhherden unterwegs, einen ÖV-Anschluss und Parkplätze. Von Vorteil sind auch ein Spielplatz, Sitzgelegenheiten, eine Grillstelle, ein WC, etc. Zudem sollte es ein Rundweg sein, der zwischen 30 und 60 Minuten dauert. Ich sammle stetig Informationen, führe viele Telefongespräche und studiere die Landkarte. Schliesslich muss ich mir jedoch vor Ort ein Bild machen, da es viele Faktoren gibt, die man nicht aus der Ferne abklären kann. So traf ich beispielsweise einmal vor Ort auf Infotafeln zu Fledermäusen. Ein anderes Mal fand ich heraus, das es den auf Google abgebildeten Weg in Tat und Wahrheit gar nicht gab.

John Haldemann beim Startposten des Erlebniswegs in Malleray. Auf seiner Alp bietet er die Infrastruktur für den Erlebnisweg und sorgt dafür, dass immer genügend Kinderbüchlein und Flyer da sind. Die Partner vor Ort sind ein wichtiger Teil der Brücke zu den Besuchenden. (Foto: Mutterkuh Schweiz)

Welches waren deine persönlichen Highlights im Zusammenhang mit den Erlebniswegen?

Da gibt es viele, kleine und grosse. Besonders toll finde ich, dass gerade im ersten Jahr der Erlebnisweg überhaupt rechtzeitig realisiert werden konnte. Vom Entscheid in der Geschäftsleitung von Mutterkuh Schweiz bis zur Eröffnung verging gerade mal ein gutes halbes Jahr. Dass es mit dem Baugesuch in dieser doch recht kurzen Zeit geklappt hat und dass die Ideen vom Messebauer Herzogatelier wunschgemäss umgesetzt werden konnten, darüber staune ich. 
Ein Highlight für mich persönlich ist zudem die Unterstützung, die ich von allen Seiten erfahren durfte. So viele Kolleginnen und Kollegen von Mutterkuh Schweiz haben mit ihren Fähigkeiten zum guten Gelingen beigetragen, sei es mit Ideen, Fachwissen oder mit Erfahrung im Marketing. Und die Partner vor Ort sind einer der Schlüssel zum Erfolg. Ohne sie würde es nicht gelingen.

Erreicht Mutterkuh Schweiz das Ziel, mit dem Erlebnisweg in Kontakt mit Konsumentinnen und Konsumenten zu kommen?

Auf jeden Fall! Der Austausch zwischen Stadt und Land wird gerade von den Landwirtinnen und Landwirten vor Ort sehr geschätzt. Die hohen Besucherzahlen und die Resonanz in den Medien zeigen das grosse Interesse. Und dann gibt es da noch diese Geschichte, dass mir eine Bäuerin im Corona-Jahr gesagt hat, dass sie dank dem Erlebnisweg ihre Enkelkinder sehen konnte. Wir haben also erreicht, was wir wollten: einen Begegnungsort an der frischen Luft, dort wo Mutterkühe und Kälber leben. 

Vielen Dank, Edith, für das Gespräch und natürlich für dein Engagement für die Erlebniswege. Wir sind gespannt, wo die Reise hinführt und wünschen viel Erfolg!


Edith Alarcón, 41, arbeitet seit 2016 bei Mutterkuh Schweiz.

Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter im schönen Fricktal.  

(Foto: Mutterkuh Schweiz)