Elia, Anita und Franz Burri bewirtschaften den Hof gemeinsam (v.l.n.r.). (Foto: zVg)
Ich denke, meine Frau und ich haben das «Züchtergen» oder die Leidenschaft für die Tierzucht mit in die Wiege bekommen. Wir sind beide auf Milchviehzuchtbetrieben gross geworden und auch meine Ausbildung habe ich auf Zuchtbetrieben gemacht. Als wir dann unseren heutigen Betrieb im Jahr 1990 erwerben konnten, gehörte zu diesem nur ein sehr kleines Milchkontingent. So haben wir auf Mutterkuhhaltung anstatt auf Milchvieh gesetzt. Zuerst haben wir einfach nur Natura-Beef produziert und Freude an der Zucht und Selektion schöner Kühe gehabt. Dann haben mich ab und zu andere Mutterkuhhaltende aus der Region gebeten, für sie einen Stier aufzuziehen, das Tier also nicht zu kastrieren. So hat dies begonnen.
Angefangen haben wir in den 90er Jahren wie die meisten mit Angus. Doch dann durfte ich mehrmals mit dem Begründer der Limousin-Zucht in der Schweiz, mit Jean-Paul Oppliger, nach Frankreich reisen. Dort habe ich die Limousin in ihrem Herkunftsgebiet erlebt und mich einfach in diese Rasse verliebt. Das Gebiet ist ähnlich wie bei uns, die mittelrahmigen Tiere suchen sich ihr Futter auf der Weide – auch an steilen Hängen – und liefern wunderbares Fleisch.
Im Dezember 2004 durften Franz und Elia einen Champion präsentieren. (Foto: Anita Burri)
Das war 1998. Damals haben wir gleich zwei Stiere in der Markthalle in Brugg-Windisch verkauft. Sie hiessen Jepson und Simba. Fasziniert haben mich die Stierenmärkte aber schon vorher. Mit einem meiner ersten Arbeitgeber (Ruedi Schneider), einem der Mutterkuh-Pioniere, durfte ich bereits 1987 einen Stierenmarkt besuchen.
Ja, das kann man so sagen. Bis im Frühling 2003 fanden die Stierenmärkte im Zentrum von Brugg-Windisch statt, im September 2003 wurde dann der erste Stierenmarkt in der Vianco Arena in Brunegg durchgeführt. Unser Stier Desperado war damals der allererste Stier, der in der Arena im Ring verkauft wurde. Er wurde Champion und von Swissgenetics gekauft. Das war natürlich ein Highlight für uns.
Ja, wenn alles gut läuft, steht am Jubiläums-Stierenmarkt unser 200ster Zuchtstier am Fleischrinderstierenmarkt im Ring. Das wäre dann gerade auch ein Jubiläum und Meilenstein für unsere Familie.
Vor allem braucht es Platz und ein gutes Herdenmanagement. Wir halten aktuell unsere rund 150 Tiere in sechs bis sieben Gruppen. Man muss genau überlegen, welche Tiere man mit welchen zusammen hält. Es muss geplant werden, ob eine Rindergruppe von einem Stier im Natursprung gedeckt werden soll oder welche Kühe man gezielt mit Samen von herdenfremden Stieren aus dem In- und Ausland besamen möchte.
Wir möchten Stiere züchten, die auf dem Markt gefragt sind. In der genetischen Hornlosigkeit liegt meiner Meinung nach die Zukunft, da hornlose Tiere in der Laufstall- und Weidehaltung ein deutlich tieferes Unfallrisiko mitbringen. Gleichzeitig darf man Eigenschaften wie leichte Abkalbungen und die Milchleistung nicht vernachlässigen – was sich zum Teil leider widerspricht. Bei unseren ersten natürlich hornlosen Tieren gab es leider zum Teil Schwierigkeiten beim Abkalben. Dann ist es uns natürlich wichtig, eine breite genetische Vielfalt zu haben. Und den Charakter darf man auch nicht vergessen. Das ist ein Kriterium, für welches beispielsweise in Frankreich ein Zuchtwert ausgewiesen wird und das sehr wertvoll ist bei der Stierenauswahl.
Auf Burri’s Palermo. Von den rund 100 Stieren aus unserer Zucht, welche über die vielen Jahre verkauft werden konnten, war Palermo für uns der speziellste.
Palermo wurde als Jungstier Champion am Stierenmarkt und von einem Züchter in der Romandie gekauft. Auf dem Betrieb dort hat er rund 100 Kälber gezeugt. Die Frau des Züchters soll gesagt haben: «Wenn du Palermo verkaufst, dann gehe ich auch.» So gerne mochte die Familie den Stier. Der Züchter hat dann eine gute Lösung gefunden, damit seine Frau ihn nicht verlässt und er trotzdem den nötigen Stierenwechsel vollziehen konnte. Er hat Palermo an seinen Nachbarn verkauft. Dort durfte Palermo erneut rund 100 Kälber zeugen. Nach rund zehn Jahren haben wir Palermo zurückgekauft, kurz auf unserem Betrieb im Natursprung eingesetzt und ihn dann erfolgreich an einen Natura-Beef-Produzenten in unserer Nähe vermittelt. Letztes Jahr hat Palermo den Gold-Award von Mutterkuh Schweiz erhalten. Das ist die höchste Auszeichnung für einen Fleischrassenstier.
Ihre Limousin-Stiere haben Familie Burri schon manche Auszeichnung eingebracht. Besonders stolz sind sie auf Palermo, Champion am Stierenmarkt im September 2014. (Foto: Mutterkuh Schweiz)
Ausschlaggebend ist wohl die Freude am Umgang mit den Tieren und das Herzblut, die Leidenschaft für die Zucht. Meine Frau und ich leben dies und auch unsere drei Kinder waren von klein auf zuvorderst mit dabei. Zeit ist ebenfalls ein wichtiger Faktor. So ging es mit der Stierenzucht bei uns eigentlich erst so richtig los, als unser Sohn Elia mit zehn Jahren den ersten Stier im Ring präsentierte. Er hat immer sehr viel Zeit bei den Tieren verbracht, hat sie gekrault und gezähmt. Einen sehr grossen Teil der Arbeit, um die Stiere halfterführig zu machen, hat Elia übernommen. Und dann darf man das Glück nicht vergessen. Das muss man auch haben, um richtig erfolgreich zu sein.
Sie unterstützt im Hintergrund. Und sie fotografiert und dokumentiert. Nur dank ihr wissen wir, dass im Januar der 200ste Stier von Burris im Ring stehen wird.
Die Limousin-Zucht liegt der ganzen Familie Burri am Herzen. (Foto: zVg)
Franz Burri bewirtschaftet zusammen mit seiner Frau Anita und Sohn Elia in Dagmersellen 31 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche und 5 Hektaren Wald. Rund 12% davon sind Biodiversitätsförderflächen. Ein Grossteil der Flächen befindet sich an steilen Hängen. Auf diesen wächst Gras für die Mutterkuhherde von 55 Kühen mit ihren Kälbern, rund 20 Rindern und 15 Jungstieren. Im Talboden wird Heu und Silage sowie ein etwas Mais (ca. 2.5 Hektaren) für die Fütterung im Winter produziert.
Hauptbetriebszweige sind die Zucht und der Verkauf von Lebendtieren sowie die Direktvermarktung von Natura-Beef.
Franz Burri arbeitet zusätzlich als Experte für Mutterkuh Schweiz und bildet Lehrlinge aus.