27.11.2020

Beefgeflüster mit Ivo Wegmann und Lorenz Wyss

Das Erfolgsgeheimnis von Natura-Beef – Eine aussergewöhnliche Partnerschaft «von Gabel zu Gabel»

Natura-Beef und Natura-Veal: seit 40 bzw. 11 Jahren Fleisch aus Gras aus artgerechter Mutterkuhhaltung. Qualität von A bis Z oder von (Mist-)Gabel zu (Ess-)Gabel. (Foto: zVg)

Vor 40 Jahren lancierten die Mutterkuhhalterinnen und Mutterkuhhalter die Marke Natura-Beef. Wie kam es dazu?

Ivo Wegmann (IW): Marken waren damals auf dem Fleischmarkt noch unbekannt. Man glaubte nicht daran, dass eine Marke grosse Bekanntheit erlangen könnte.

Lorenz Wyss (LW): Richtig. Als ich meine Metzgerlehre beendete, gab es zwar schon Kennzeichnungen von Fleischprodukten, diese waren aber auf die Verarbeitung bezogen. Ich konnte mir damals schlecht vorstellen, dass Fleisch mit einem starken Brand besetzt werden könnte.

Natura-Beef hat dies geschafft. Worin liegt das Erfolgsgeheimnis?

IW: Bei der Lancierung waren mehrere Aspekte wichtig. Der Wichtigste war, dass für Tiere aus der Mutterkuhhaltung zuerst überhaupt ein Absatzweg geschaffen werden musste, da diese Art der Tierhaltung damals in der Schweiz unbekannt war. Der Vorstand und die Fachgruppe Vermarktung von Mutterkuh Schweiz waren gezwungen, den Metzgern und Konsumierenden gute Argumente zu liefern.

LW: Stimmt, damals war mir der umfassende Ansatz von der «Gabel zur Gabel» unbekannt. Also das Konzept, Fleisch mit dem ganzen Produktionsprozess von der Mistgabel bis zur Gabel auf dem Esstisch zu vermarkten.

IW: Natura-Beef hat das gemacht. Es war das erste Fleischlabel mit einem umfassenden Ansatz. Von der artgerechten Haltung und Fütterung über die Qualität und die garantierte Rückverfolgbarkeit war und ist alles enthalten.

Das erste Label zu sein, war das der Schlüssel zum Erfolg?

LW: Ja, aber nicht nur. Die Transparenz in Bezug auf Handel, Mengen und Preise wurde von Anfang an hochgehalten und beruht auf einer einzigartigen Partnerschaft. Als ich vor 25 Jahren zu Coop kam, befasste ich mich erstmals mit dem Verkauf von Natura-Beef. Natura-Beef war eine Stütze bei der Gründung von Naturaplan und ist als Produkt so stark, dass es die Gunst der Konsumentinnen und Konsumenten gewonnen hat. Zudem hat es die strukturellen Wandlungen im Detailhandel überstanden. Ich wechselte später zur Bell und Natura-Beef blieb in meinem Dossier. Die langjährige Zusammenarbeit von Mutterkuh Schweiz, VIANCO, Viegut, Bell und Coop ist für viele ein Vorbild. Die Stärke einer solchen Partnerschaft zeigt sich vor allem im Fall von Weichenstellungen und in Krisensituationen.

IW: Ich finde auch, dass die einzigartige Partnerschaft einen grossen Teil zum Erfolg beigetragen hat. Coop und Mutterkuh Schweiz unternehmen kommunikativ grosse Anstrengungen damit Natura-Beef präsent bleibt und im richtigen Licht gesehen wird. Wir müssen sagen, was wir tun und gleichzeitig natürlich auch tun, was wir sagen. Ohne das geht es nicht. Und natürlich muss auch die Qualität stimmen. Diese war am Anfang sehr unregelmässig. Alles war neu, sowohl die Produzentinnen und Produzenten wie auch das Produkt. Die Technik war wenig geübt und es bestand kein Lehrbuch. Die Bäuerinnen und Bauern sowie die Metzger mussten sich mit Qualitätsreklamationen auseinandersetzen.

LW: Heute ist es anders. Die Metzger haben gelernt, mit diesem einzigartigen Fleisch gut umzugehen und die Produzierenden sind Profis geworden. Ohne diese merkliche Qualitätssteigerung hätte es Natura-Beef nicht auf das heutige Niveau geschafft.

Tierhaltung ist immer wieder umstritten in der Klimadiskussion. Doch die Beweidung von Alpweiden und Steillagen mit Mutterkühen und ihren Kälbern dient optimal der Offenhaltung dieser einzigartigen Landschaften. (Foto: zVg)

Mutterkuh Schweiz hat immer wieder Trends der Zeit aufgenommen und integriert, um Natura-Beef weiterzuentwickeln. Welche Trends seht Ihr heute?

IW: Natura-Beef und die vor elf Jahren eingeführte Schwestermarke Natura-Veal sind gut aufgestellt. Die Produkte stehen für das, was von der Landwirtschaft und Fleischbranche verlangt wird. Damit gewinnen wir die Konsumentinnen und Konsumenten. Wir müssen auf unsere Stärken bauen. Das sind Tierwohl, Fleisch aus Gras und Produktequalität. Damit können wir auch neue Herausforderungen meistern. Ein Beispiel ist die Klimadiskussion. Wird die Thematik umfassend beurteilt, kommt man zum Schluss, dass die Nutzung unserer Grasflächen eine der besten Antworten auf diese Frage ist.

LW: Natura-Beef ist das Original. Bell investiert in Qualität, Tierwohl und Logistik. Das Know-How ist hoch und trotzdem werden im Schlachthofprojekt in Oensingen bereits weitere, ganz neue Aspekte bei der Tieranlieferung, Schlachtung und Verarbeitung einbezogen. Die Diskussionen um Vegetarismus und Veganismus werden anhalten. Wir müssen diejenigen Konsumentinnen und Konsumenten begeistern, die Fleischgenuss unter Berücksichtigung von Tier, Natur und Umwelt suchen. Das Potential ist gross.

IW: Genau – und Pioniergeist ist auch weiterhin gefragt! Wir müssen unverändert den Mut zu Aussergewöhnlichem haben.

LW: Keine Frage! Bell ist dabei.


Lorenz Wyss, CEO Bell Food Group, (links) freut sich über die langjährige gute Partnerschaft mit Mutterkuh Schweiz und den Erfolg von Natura-Beef am Markt. (Foto: Bell Food Group)

Ivo Wegmann, heute Delegierter des Verwaltungsrates VIANCO AG, ist Mitgründer von Mutterkuh Schweiz (1977) und Gründer der beef.ch (1996). Sein Herz schlägt seit jeher für die Mutterkuhhaltung. (Foto: zVg)