Martin Hengartner (62) und Rebekka Strub (42) sind Nachbarn und leiten beide einen Bio-Mutterkuhbetrieb. Was sie verbindet, sind der Standort, der ihre Betriebsausrichtung prägt, und der Wunsch, die Ressourcen zu schonen und zu erhalten.
Täglicher Weidegang für Kälber und Mutterkühe sind selbstverständlich bei der Produktion nach den Vorgaben von Natura-Beef-Bio. (Foto: Martin Hengartner)
Martin: Die Umstellung auf biologische Landwirtschaft war damals der logische Schritt. Biomilch war gesucht – wir haben zu dieser Zeit noch Milchkühe gehalten – und bei der Bewirtschaftung unserer Flächen mussten wir eigentlich nichts verändern, wir haben schon vorher sozusagen biologisch gewirtschaftet.
Rebekka: Meine Eltern haben den Betrieb umgestellt, es war auch für sie damals ein logischer Schritt. Es entsprach ihrer Haltung und dem Zeitgeist. Für mich ist die biologische Landwirtschaft heute eine Selbstverständlichkeit, für meinen eigenen Betrieb aber auch generell für die Landwirtschaft. Ich sehe es als meine Aufgabe, alles – den Boden, die Natur, die Tiere – möglichst schonend, pflegend, artgerecht zu behandeln, sie nicht auszubeuten, sondern den Kreislauf zu leben.
Martin: Ja. Ein Beispiel: Sobald man etwas zuführt, beispielsweise Kunstdünger einsetzt, verändert sich die Grasnarbe und die Graszusammensetzung. Dies wirkt sich auf die Tierhaltung aus, denn möglicherweise kann ich die Fläche weniger gut beweiden oder die Futterzusammensetzung verändert sich. Auf unserem Betrieb setzen wir nicht einmal viel Gülle ein, sondern kompostieren den Mist grossmehrheitlich. Den Kompost können wir ausbringen und er verbessert den Boden und die Grasnarbe. Hierbei wird im Gegensatz zum Ausbringen von Gülle nur wenig Ammoniak freigesetzt. Es gibt also einen positiven Effekt auf meinen Boden und gleichzeitig nur eine geringe Klimawirkung.
Rebekka: Meiner Mutter war es wichtig, auch nach der Aufgabe der Milchproduktion Tiere zu halten, die nicht nur ein paar Monate da sind und dann geschlachtet werden. In Frankreich hat sie dann die Rasse Aubrac entdeckt, die bei uns ähnliche Bedingungen vorfindet wie in ihrer Heimat. Hof Horn war einer der ersten Betriebe in der Schweiz mit Tieren dieser Rasse.
Martin: Bei uns bot sich die Mutterkuhhaltung an, da unsere Flächen einerseits gut zum Weiden geeignet sind und andererseits aber ziemlich weit weg vom Stall liegen. Früher mussten wir mit den Milchkühen viel hin und her laufen fürs Melken, die Mutterkühe können bei passendem Wetter draussen bleiben.
Die Rasse Aubrac mit ihren schönen Augen und den ausladenden Hörnern haben es den Familien Strub und Hengartner angetan. (Foto: Martin Hengartner)
Martin: Weil ich sie auf dem Nachbarbetrieb gesehen und sie mir gefallen haben 😊. Sie haben auch auf den eher extensiven Flächen bei uns eine ziemlich gute Milchleistung und können so das Gras unserer Wiesen und Weiden optimal verwerten.
Rebekka: Die Zebus haben Stärken, die auch in unseren Breiten interessant sind. Gerade wenn sich das Klima verändert, die Sommerhitze beispielsweise länger und stärker wird, haben die hitzetoleranteren Zebus einen Vorteil. Sie sind auch robuster gegenüber Parasiten und Kälberkrankheiten und so muss ich weniger Medikamente einsetzen. Gesunde Tiere sind die Basis einer nachhaltigen Mutterkuhhaltung.
Rebekka Strub züchtet nicht nur mit der Rasse Aubrac sondern auch mit verschiedenen Zebus. Sie verspricht sich davon Tiere, die an den Standort und an zukünftige Herausforderungen angepasst sind. (Foto: Rebekka Strub)
Martin: Es wird extremer und die Tiere leiden, wenn es zu heiss ist. Da ist es gut, haben wir Kleinstrukturen, Bäume und Waldränder, die Schatten spenden. Das Wasser wird zum Teil knapp, allerdings habe ich das Glück, dass wir 4 bis 5 Quellen haben und deshalb bisher keine Probleme. Auf unseren Sömmerungsweiden ist die Hitze und Trockenheit bisher kein Thema. Trotzdem ist es mir sehr wichtig, dass wir unseren Wasserreserven Sorge tragen. Wir können viel ertragen, aber wir müssen auch schauen, was wir den nächsten Generationen hinterlassen.
Rebekka: Ja, aber nicht nur. Auch den «konventionell wirtschaftenden» Landwirten ist dies ein wichtiges Anliegen. Ohne Boden, Luft und Wasser können wir keine Landwirtschaft betreiben.
Rebekka: Ebenfalls wichtig ist mir die Förderung der Biodiversität. Ich pflanze jedes Jahr 20 Obstbäume und halte verschiedene Tierarten und Rassen auf meinem Betrieb. Damit habe ich eine höhere Biodiversität im Kleinen, eine höhere Artenvielfalt. Ich halte neben den Aubrac und Zebus auch Weideschweine und Burenziegen.
Die Burenziegen von Rebekka erhöhen die Artenvielfalt des Betriebs und helfen bei der Landschaftspflege, in dem sie Büsche eindämmen. (Foto: Rebekka Strub)
Martin: Ja, wir halten noch 80 Hühner, ein Pferd, zwei Ponys und zwei Esel. Vor allem die Esel helfen mir, die Disteln und Hagebuttensträucher einzudämmen, indem sie sie fressen.
Rebekka: das machen bei mir die Burenziegen und Zebus. Sie helfen gegen die Verbuschung. Und die Weideschweine sammeln im Herbst das Fallobst der Hochstammobstbäume auf. Jeder hat seine Aufgabe im Kreislauf.
Rebekka: Da für mich die Zucht und der Verkauf von Zuchttieren an andere Betriebe sehr wichtig ist, werden eher wenige Tiere geschlachtet. Das Fleisch dieser Tiere wird direkt ab Hof an Privatkunden und an einen Gastrobetrieb vermarktet und im Catering verwertet, das ich anbiete.
Martin: Unsere Natura-Beef-Bio gehen in die Coop Filialen. Allerdings haben wir zusammen mit Rebekkas Vater am samstäglichen Wochenmarkt in Olten einen Stand. Dort bieten wir neben unseren Eiern und dem Süssmost von den Hochstammobstbäumen auch Trockenfleisch von Rebekkas Betrieb an. Zusätzlich verkaufen wir für andere Biobetriebe Gemüse und Früchte.
Am Wochenmarkt verkauft Martin Hengartner mit Unterstützung von Schülern Bioprodukte vom eigenen Hof und aus der Region. (Foto: Martin Hengartner)
Martin: Aus den Gesprächen weiss ich, dass sie keine Chemikalien in den Nahrungsmitteln und keine Massentierhaltung wollen. Es ist ihnen wichtig, dass die Tiere gesund und jeden Tag draussen sind. Oft fragen sie auch nach der Region, sie möchten Lebensmittel, die in der Nähe produziert wurden.
Rebekka: Ich stelle das gleiche fest. Es ist ein Bewusstsein da für den Mehrwert, den wir generieren. Die Konsumenten finden es zum Beispiel gut, dass wir jedes Jahr 20 neue Hochstammobstbäume pflanzen und damit Vögel und Feldhasen fördern. Sie wollen mit ihrem Einkauf eine regionale, nachhaltige Landwirtschaft unterstützen.
Rebekka: Die Rindfleischproduktion wird zum Teil stark hinterfragt, gerade auch in Bezug auf die Klimawirkung. Das ist für uns Landwirte herausfordernd. Meiner Meinung nach braucht es aber die Tiere für die Erhaltung unserer artenreichen gesunden Landschaft. Die Tiere pflegen bei achtsamer Beweidung die Flächen und erhalten sie divers. Ebenso speichert der Boden viel CO2 und ist klimawirksam.
Martin: Die Aubrac sind sehr genügsam. Sie fressen das Gras auf unwegsamem Gelände und helfen damit, die Landschaft zu pflegen und offen zu halten, so dass verschiedene Pflanzen, Insekten und Tiere dort leben können.
Rebekka: Meine Kühe fressen sogar Streu und Blätter – sie fressen uns Menschen wirklich nichts weg, sondern schaffen für uns qualitativ hochwertige Lebensmittel – eben Natura-Beef – aus Grünzeug welches nur Wiederkäuer fressen können, die wir sonst nicht verwerten könnten.
Natura-Beef-Bio gedeiht dort, wo sonst nichts angebaut werden kann und trägt zur Versorgung der Schweizer Bevölkerung mit gesunden, einheimischen Lebensmitteln bei. (Foto: Rebekka Strub)
Martin Hengartner bewirtschaftet mit seiner Frau einen Biobetrieb mit insgesamt 40 Hektar Grünland in der Bergzone 1. Mehr als die Hälfte davon sind Weiden und können nicht mit Maschinen bewirtschaftet werden. 20 Prozent der Flächen sind Biodiversitätsförderflächen und tragen zusammen mit 120 Hochstammobstbäumen zur grossen Artenvielfalt bei. Es werden 25 Mutterkühe, deren Kälber und ein Stier der Rasse Aubrac gehalten. Ausserdem gibt es 80 Legehennen und Pferde, Ponys und Esel auf dem Betrieb. Hauptbetriebszweige sind der Verkauf von Natura-Beef-Bio und die Direktvermarktung auf dem Wochenmarkt in Olten Im Sommer teilt sich Martin Hengartner mit einem Nachbarn die Betreuung der Sömmerungsweiden von Hauenstein.
Rebekka Strub bewirtschaftet mit Unterstützung ihrer Eltern den Biobetrieb Hof Horn mit 45 Hektaren Wiesen und Weiden. 18 Hektaren sind Biodiversitätsförderflächen, 350 Hochstammobstbäume werten die Wiesen und Weiden zusätzlich auf. Es werden je 15 Mutterkühe der Rassen Aubrac und Zwergzebu gehalten. Natürlich gehören auch die entsprechenden Kälber, Rinder und Zuchtstiere dazu. Für die Zucht von auch in Zukunft standortangepassten und gesunden Tieren schlägt Rebekkas Herz, weshalb sie auch noch den Brahman-Stier Lucas (siehe Foto) hält. Ausserdem leben auf dem Betrieb drei Muttersauen und im Sommer die dazugehörigen Weideschweine sowie 15 Burenziegen. Hauptbetriebszweige sind die Tierzucht, Direktvermarktung und Pflege und Erhalt der artenreichen Flächen. Mehr Informationen unter www.hofhorn.ch.