23.04.2021

Wieviel Wasser steckt in einem Kilogramm Rindfleisch?

Oder warum man mit gutem Gewissen ein Rindsteak aus Schweizer Mutterkuhhaltung geniessen kann.

Mutterkühe fressen Gras, das nur mit Regenwasser gegossen wurde. Fleisch aus Schweizer Mutterkuhhaltung ist Fleisch aus Gras. Standortgerecht und ressourcenschonend. (Foto:Larissa Dubach)

Trinkwasser ist weltweit ein kostbares Gut. Die Schweiz gilt mit ihren Tausenden von Quellen als Wasserschloss Europas: Fünf Prozent der europäischen Süsswasserreserven lagern im Gotthardmassiv. Auch Niederschläge fallen in der Schweiz reichlich, nämlich im Durchschnitt 1200 Liter pro Jahr und Quadratmeter (Zum Vergleich: In Mitteleuropa beträgt die jährliche mittlere Niederschlagshöhe 800 Liter pro Jahr und Quadratmeter).

Wen wundert es also, dass in der Schweiz auf rund Dreiviertel der gesamten land- und alpwirtschaftlich genutzten Fläche Gras wächst, ganz ohne Bewässerung, einfach nur mit Regenwasser. Mutterkuh Schweiz hat sich für ihre Labels «Fleisch aus Gras» auf die Fahne geschrieben. Dies ist standortangepasst und artgerecht.

Unter diesem Aspekt sollte es eigentlich nicht erstaunen, dass für die Produktion eines Kilogramms Rindfleisch die eindrückliche Zahl von 15'000 Litern virtuellen Wassers kursiert. Doch ist der Rindfleischkonsum deshalb eine Wasserverschwendung?

Es reicht nicht, das reine Volumen an Wasser auszurechnen, das zur Produktion von beispielsweise einem Kilogramm Fleisch nötig ist. Viel entscheidender ist es, die Auswirkungen der Produktion auf die lokalen Wasserressourcen und die Wasserqualität anzugeben.

Mutterkühe fressen Gras, das nur mit Regenwasser gegossen wurde. Fleisch aus Schweizer Mutterkuhhaltung ist Fleisch aus Gras. Standortgerecht und ressourcenschonend. (Foto: Mutterkuh Schweiz)

Das virtuelle Wasser berücksichtigt die Menge Wasser, die während des Produktionsprozesses eines Guts anfällt. Die 15'000 Liter virtuelles Wasser zur Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch umfassen also den Wasserverbrauch auf dem Bauernhof, im Schlachthof, in der Verarbeitung, beim Transport, im Verkauf etc. bis hin zum Endverbrauchenden. Zieht man nun aber das Regenwasser ab, bleiben für die Produktion von Rindfleisch aus Schweizer Weidehaltung je nach Studie gerade einmal 15 bis 200 Liter Wasser von der eindrücklichen Zahl übrig. Dies entspricht dem sogenannten blauen Wasser.

Sind 200 Liter Wasser pro Kilogramm Rindfleisch viel? Da müssen wir uns nun die Vergleichszahlen von anderen Lebensmitteln anschauen:

* Globaler Durchschnitt gemäss M.M. Mekonnen, A.Y. Hoekstra: The green, blue and grey Water Footprint of Farm Animals and Animal Products. Unesco-IHE – Institute for Water Education 2010.

Wieviel Wasser braucht es zur Produktion verschiedener Lebensmittel? (Quelle: Mutterkuh Schweiz)

Warum ist der Wasserbedarf für die Fleischproduktion nicht überall auf der Welt gleich hoch? In der Grafik ist angegeben, dass der Wasserverbrauch international deutlich höher ist, nicht zu reden von den Zahlen für die Intensivmast. Einerseits spielt die längere Mastdauer der Tiere eine Rolle. Sie leben länger und brauchen somit auch mehr Futter. Andererseits werden – gerade in der Intensivmast – andere Futtermittel wie zum Beispiel Importgetreide oder -soja eingesetzt, die einen höheren Wasserverbrauch haben als Gras und oftmals auch bewässert werden. Auch die Verschmutzung von Wasser spielt eine Rolle und die Niederschlagsmenge, die natürlicherweise zur Verfügung steht.

In Anbetracht dieser Zahlen muss man beim Verzehr eines Rindsteaks aus Schweizer Mutterkuhhaltung kaum ein schlechtes Gewissen haben.

Wasser – unser wertvollstes Gut und Lebenselixier. (Foto: Ulrich Steiner)


Die gängigsten Messgrössen für den Wasserfussabdruck von Gütern

Das Konzept des virtuellen Wassers berücksichtigt die Menge an Wasser, die während des Produktionsprozesses eines Guts anfällt. Beispielsweise besteht ein Kaffee nur aus wenigen Millilitern Wasser. Die Kaffeepflanzen jedoch, von denen die Kaffeebohnen gewonnen werden, brauchen äusserst viel Wasser, weshalb der Produktionsprozess des Kaffees entsprechend viel Wasser verbraucht. Dazu kommt der Wasserverbrauch des Herstellers, des Detailhändlers und des Endverbrauchers. In vielen Fällen wird Wasser bei den einzelnen Prozessen verschmutzt. Übrigens: Für eine Tasse Kaffee sind 140 Liter virtuelles Wasser nötig und diese fallen nicht einfach vom Himmel.

Grünes Wasser bezeichnet das Volumen an verbrauchtem Regenwasser. Es verbleibt im natürlichen Wasserkreislauf und ist deshalb in den meisten Fällen die nachhaltigste Art von Wasser.

Blaues Wasser bezeichnet das Volumen von verbrauchtem Oberflächen- und Grundwasser, das nicht im natürlichen Wasserkreislauf verbleibt.

Graues Wasser ist Wasser, das nach dem Produktionsprozess aufgrund starker Verschmutzung nicht mehr als Trinkwasser zur Verfügung steht.


Quellen:

M.M. Mekonnen, A.Y. Hoekstra: The green, blue and grey Water Footprint of Farm Animals and Animal Products. Unesco-IHE – Institute for Water Education 2010.

Meier, Matthias; Böhler, Daniel; Hörtenhuber, Stefan et al.: Nachhaltigkeitsbeurteilung von Schweizer Rindfleischproduktionssystemen verschiedener Intensität. Frick 2014, S. 32.

Berechnungen von Guido Wigger, Bio-Weide-Beef-Produzent. 

https://wfw.ch/wasserwissen/wasserfussabdruck#/

https://scnat.ch/de/uuid/i/43da87f7-d5a1-5de7-8c1b-d2edbbdfbd7c-Regen_%E2%80%93_12_Fragen_und_Antworten

https://www.wetter-atlas.de/klima/europa.php