Die Bäume auf den Weiden dienen als Schattenspender und Kratzgelegenheit und machen die Futterration abwechslungsreich. (Foto: Jakob Fritz)
Waldweiden prägen das Landschaftsbild des Jurabogens. Das Wort Jura stammt übrigens ursprünglich aus dem Keltischen. Während die Kelten ein Gebirge als «Jor» bezeichneten, nannten die Römer es «juris» und meinten damit Waldland. Dies möglicherweise in Anlehnung an die ausgedehnten Wälder an den Hängen des Jura.
Entstanden sind die Juraweiden im Mittelalter, als sich in dem Gebiet Klöster und Abteien ansiedelten. Der Wald wurde gerodet, um Anbauflächen zu schaffen und (auf schwieriger bewirtschaftbaren Flächen) Vieh weiden zu lassen. Neben der Versorgung des Viehs im Sommer mussten auch die Menschen (Nahrungspflanzen) und das Vieh im Winter (Heu) ernährt werden.
Seither ist viel passiert. Kein Wunder – es liegen ja auch ein paar Jahrhunderte dazwischen. So wurde beispielsweise im Zuge der Industrialisierung viel Wald abgeholzt, um Bau- und Brennmaterial zu gewinnen. Mit der steigenden Anzahl von alternativen Energiequellen und der wachsenden Urbanisierung eroberte der Wald allerdings wieder Flächen zurück. Auch die Landwirtschaft veränderte sich im Laufe der Zeit. Wobei eines über die Jahrhunderte gleich geblieben ist auf den Jurahöhen: Die Verwandlung von Gras in wertvolle Lebensmittel wie Fleisch und Milch (vor allem für Gruyère und Tête de moine)!
Auf den Waldweiden geniessen die Natura-Veal Schatten und Sonne wie es ihnen gefällt. (Foto: Jakob Fritz)
Waldweiden sind mit ihrer grossen Strukturvielfalt ökologisch sehr wertvoll. Verschiedene Graslandbestände, Gebüsche, Bäume und Trockenmauern bilden einen Grenzlebensraum zwischen Wald und Weide und bieten dank diesem Mosaik von Licht und Schatten sehr vielen Arten Platz. Die biologische Qualität und Artenvielfalt einer Waldweide ist vom Waldanteil, dem Typ und der Anzahl der Weidetiere sowie der Weidedauer abhängig. Traditionell werden im Jura Rinder und Pferde – die Freiberger stammen aus dieser Region und haben eine grosse Bedeutung – zusammen geweidet. Dies ist für die Artenvielfalt von Vorteil, da die Pferde Pflanzen fressen, die von den Rindern verschmäht werden. Die Tiere beeinflussen mit ihrem Fressverhalten aber beispielsweise auch den Baumbestand. zum Beispiel fallen die Buche mit ihren zarten Blättern und die Weisstanne (Abies alba) mit ihren relativ weichen Nadeln den hungrigen Tieren zum Opfer, wohingegen die Fichten mit den stacheligen Nadeln (Picea abies) überleben und als markante Bäume das Landschaftsbild prägen.
Ein typisches Bild im Jura: Mutterkühe und Kälber weiden gemeinsam mit (Freiberger) Pferden auf grossen Weideflächen, die von Felsen und Fichten durchsetzt sind. Für gleichzeitige Holzproduktion und Viehhaltung sind die Flächen ideal. (Foto: Julien Berberat )
Ursprünglich liefen die Tiere auf den Weiden frei herum und wurden von einem Hirten gehütet. Heute schützen Zäune die Tiere vor Unfällen mit Fahrzeugen auf den Strassen. Die Waldweiden im Jura gehören grossmehrheitlich den Gemeinden oder Bürgergemeinden, die die Bewirtschaftung der Flächen entweder mit Pachtverträgen oder mit eigenen Reglementen zu Weiderechten organisieren. Auch mit Erholungssuchenden müssen sich die Tiere die Flächen teilen. Gegenseitiger Respekt und Rücksicht ermöglichen aber ein gutes Nebeneinander im Ferien- und Wandergebiet der Jurahöhen. Möglichkeiten, die Waldweiden selbst zu erleben und zu erwandern, finden sich beispielsweise in den informativen Wegempfehlungen des Naturpark Doubs.
Hat diese Landschaft eine Zukunft? Unbedingt! Die gleichzeitige Nutzung der Flächen zur Holzproduktion und zur graslandbasierten Viehhaltung ist optimal für die Biodiversität und die Wertschöpfung der Region. Zur Letzteren trägt ebenfalls der Tourismus bei, der durch die Attraktivität der Landschaft gefördert wird. Die Bäume stellen auch in Trockenperioden eine stabile Futterversorgung sicher, da in ihrem Schatten Feuchtigkeit erhalten bleibt und das Wachstum von Gras und Kräutern ermöglicht wird. Zudem können auch die Bäume selbst als Futtergrundlage dienen. Da gerade Mutterkühe weniger anspruchsvoll sind als Milchkühe, spielen sie zusammen mit Rindern und Pferden eine entscheidende Rolle bei der Erhaltung und in Wertsetzung dieses speziellen Landschaftstyps.
Quellen: Wikipedia, Parc du Doubs, www.espazium.ch
Exkurs: Warum heissen die Freiberge eigentlich Freiberge?
Im Jahr 1384 stellte der damalige Fürstbischof einen Freibrief für die bislang immer noch kaum besiedelte Region aus, der den Einwanderern und ihren Nachkommen aussergewöhnliche Freiheiten zusicherte: sie sollten für alle Zeiten von Zinsen und Zehnten auf ihrem gerodeten Grund und Boden befreit sein. Daraufhin bekam das Gebiet den Namen Franches Montagnes (zu deutsch ‚Freiberge‘). Mit dem Einmarsch der französischen Truppen 1792 wurde das Ende der Freiheitsrechte des Gebietes besiegelt.
Die Hochebene der Freiberge im Schweizer Jura ist die Wiege der gleichnamigen und einzigen Schweizer Pferderasse. Die Freiberger haben für die Region eine grosse wirtschaftliche und soziokulturelle Bedeutung. (Foto: Jakob Fritz)
Quelle: Wikipedia